Ehrenamtlich

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit

Sowohl aus geschichtlicher Sicht als auch für das heutige demokratische Grundverständnis sind die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter ein wichtiges Element der Rechtspflege.

Die Beteiligung juristischer Laien bei der Schlichtung von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten hat Tradition: Vorbild für die Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist der im Jahre 1806 in Lyon gegründete Rat der Gewerbeverständigen. Er war mit fünf Unternehmern und vier Werksmeistern sowie einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt und war zuständig für die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Lyoner Seidenfabriken und ihren Arbeitern. Diese Regelung zur Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Schlichtung von Streitigkeiten fand Eingang in das Gesetz von 1890 über die Gewerbegerichte und in das Gesetz von 1904 über die Kaufmannsgerichte. Die Gewerbe- und Kaufmannsgerichte waren mit einem Arbeitnehmer, einem Arbeitgeber sowie einem hauptberuflichen Kammervorsitzenden besetzt. Beide Laienrichter sollten ihre Erfahrungen aus dem Arbeitsleben und ihren Sachverstand in die Rechtsfindung mit einbringen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nach dem Arbeitsgerichtsgesetz setzt sich jede Kammer des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts aus einer oder einem hauptberuflichen Vorsitzenden und je einer ehrenamtlichen Richterin oder einem ehrenamtlichen Richter aus Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zusammen. Indem die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter ihre praktischen Erfahrungen und Kenntnisse des betrieblichen Geschehens einbringen, tragen sie in besonderem Maße dazu bei, dass Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen praxisnah erfolgen. Dies erhöht nicht nur die Überzeugungskraft des Urteils, sondern stärkt auch erheblich das Vertrauen der Rechtssuchenden in die Rechtsprechung der Gerichte für Arbeitssachen.

Die Berufung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter

Der Bedeutung des Amtes entsprechend werden ehrenamtliche Richterinnen und Richter nicht einfach bestimmt, sondern nach einem gesetzlich geregelten Verfahren berufen. Nicht jede Person kann zur ehrenamtlichen Richtertätigkeit in der Arbeitsgerichtsbarkeit berufen werden.

Wer sämtliche Voraussetzungen für eine Berufung zu diesem Ehrenamt erfüllt, kann sich nicht selbst als ehrenamtliche Richterin oder als ehrenamtlicher Richter bewerben, sondern muss von einer vorschlagsberechtigten Organisation oder Körperschaft vorgeschlagen werden. Vorschlagsberechtigt sind Gewerkschaften, selbständige Arbeitnehmervereinigungen, Arbeitgebervereinigungen und öffentlich-rechtliche Körperschaften. Wer zurzeit in Bayern vorschlagsberechtigt ist, erfahren Sie beim Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.

Die zu ehrenamtlichen Richterinnen oder Richtern Berufenen erhalten ein Berufungsschreiben und eine Ernennungsurkunde. Ist eine Person zu diesem Amt berufen, kann sie es grundsätzlich nicht ablehnen. Es handelt sich um ein Ehrenamt; die Annahme ist staatsbürgerliche Pflicht.

Rechtsstellung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter

Status

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter üben ihr Amt mit den gleichen Rechten und Pflichten aus wie die Berufsrichterinnen und Berufsrichter. Deshalb sind sie genauso wie diese unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Durch den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit soll sichergestellt werden, dass sich die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter bei ihrer Entscheidung von niemandem beeinflussen lassen und Recht und Gesetz als Richtschnur ihres Handelns anerkennen. Sie unterliegen keinerlei Weisungen. Auch die vorschlagsberechtigten Organisationen und Körperschaften dürfen ihnen keine Ratschläge für die richterliche Entscheidung erteilen.

Amtszeit

Die Amtszeit als ehrenamtliche Richterin oder als ehrenamtlicher Richter beträgt fünf Jahre. Sie endet ohne besonderen Aufhebungsakt mit Ablauf dieser Frist. Allerdings ist nach Ablauf der Amtszeit eine erneute Berufung möglich.

 

Mitwirkung im arbeitsgerichtlichen Verfahren

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter wirken nur an den Sitzungen der Kammer mit. Die Sitzung der Kammer gliedert sich regelmäßig in die öffentliche mündliche Verhandlung und in die sich anschließende geheime Beratung. An dem der Kammerverhandlung bei den Arbeitsgerichten zwingend vorgeschalteten Gütetermin, an vorbereitenden Maßnahmen und an Entscheidungen der oder des Vorsitzenden, die diese oder dieser nach dem Gesetz allein treffen kann, sind die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter nicht beteiligt.