Entscheidung

Datum: 30.09.2010
Aktenzeichen: 5 Ta 135/10
Rechtsvorschriften: Art. 9 Abs. 3 GG; § 2 Abs. 2 - 4 TVG; §§ 62 Abs. 2, 72 Abs. 4, 78 Satz 3 ArbGG; §§ 29, 922 Abs. 1 Satz 1, 935 ZPO

  1. Die örtliche Zuständigkeit eines Arbeitsgerichts für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung der tariflichen Friedenspflicht richtet sich nach dem Ort, an dem die Friedenspflicht zu erfüllen ist.
     
  2. Hat das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung über den Erlass einer einstweiligen Verfügung entschieden, so ergeht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über eine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde durch Endurteil, wenn im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
     
  3. Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde im einstweiligen Verfügungsverfahren durch das Landesarbeitsgericht ergeht ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter.
     
  4. Besteht neben einem Firmentarifvertrag ein Verbandstarifvertrag über denselben Regelungsgegenstand, kommt es innerhalb tarifgebundener Arbeitsverhältnisse zur Tarifkonkurrenz, welche nach dem Spezialitätsprinzip grundsätzlich durch einen Vorrang des Firmentarifvertrags aufgelöst wird (im Anschluss an BAG vom 04.04.2001 - 4 AZR 237/00 - AP Nr. 26 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).
     
  5. Haben Tarifvertragsparteien in einem Firmentarifvertrag Gegenstände geregelt, die zu den Hauptforderungen einer beim Abschluss des Firmentarifvertrags beteiligten Gewerkschaft gehören, die gegen einen Arbeitgeberverband gerichtet werden, dem der Arbeitgeber des Firmentarifvertrags angehört, so verstoßen die gegen diesen Arbeitgeber im Hinblick auf den Abschluss eines Verbandstarifvertrages eingeleiteten Arbeitskampf-maßnahmen gegen die aus dem ungekündigten Firmentarifvertrag resultierende tarifliche Friedenspflicht.
     
  6. Die Verletzung der tariflichen Friedenspflicht und die Verfolgung rechtswidriger Ziele hat die Rechtswidrigkeit des gesamten Streiks jedenfalls dann zur Folge, wenn es sich bei den die Friedenspflicht verletzenden Forderungen um Hauptforderungen handelt (im Anschluss an BAG vom 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - AP Nr. 162 zu Art. 9 GG Arbeitskampf).
     
  7. Arbeitskampfmaßnahmen, die unter Verstoß gegen die tarifliche Friedenspflicht durchgeführt werden, können durch einstweilige Verfügung untersagt werden; der hierfür erforderliche Verfügungsgrund ist nur zu bejahen, wenn aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung schwerwiegende Interessen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sprechen.
     
  8. Die einstweilige Verfügung kann sich gegen eine gewerkschaftliche Dachorganisation ohne eigene Gewerkschaftsmitglieder richten, wenn diese Dachorganisation zum Streik aufruft.
     
  9. Gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über eine sofortige Beschwerde im einstweiligen Verfügungsverfahren gibt es kein Rechtsmittel.
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