Entscheidung

Datum: 28.05.2002
Aktenzeichen: 6 (2) Sa 347/01
Rechtsvorschriften: § 253 ZPO; § 256 ZPO; § 28 h Abs. 2 SGB IV; § 611 BGB

  1. Das Interesse an der Feststellung, ein auf Selbständigenbasis vereinbartes und durchgeführtes Rechtsverhältnis (hier: Kurierdienstfahrer) sei als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, erlischt in der Regel mit der unstreitigen Beendigung dieses Rechtsverhältnisses. Dies gilt auch, wenn das Rechtsverhältnis im Laufe des Gerichtsverfahrens endet.
  2. Die erklärte Bereitschaft der Sozialversicherungsträger, im Falle der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft durch die Arbeitsgerichte Ermittlungen über die Möglichkeit zur Nachforderung von Beitragsleistungen durch den Auftraggeber/Arbeitgeber anzustellen, kann ein Feststellungsinteresse nicht begründen (wie BAG vom 21.06.2000, 5 AZR 782/98), ebenso wenig wie Stundungen des Finanzamts und der Berufsgenossenschaft im Hinblick auf das arbeitsgerichtliche Verfahren. Ein Vertrauensschutz auf frühere zum Teil abweichende BAG-Entscheidungen besteht nicht.
  3. Ein Antrag auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen "an die zuständige Krankenkasse" ist wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Darüber hinaus fehlt im Hinblick auf die Vorschrift des § 28h SGB IV das Rechtsschutzinteresse.
  4. Wäre die Tätigkeit tatsächlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, wäre der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber nicht verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern rückwirkend nachzuzahlen: Solche Ansprüche stünden allein den Sozialversicherungsträgern und den Finanzbehörden zu.
  5. Werden im Prozess weder schriftliche noch mündliche Absprachen der Parteien über die Berechnung von Provisionsansprüchen angeführt, dann hat die jahrelang unbeanstandete praktische Durchführung Indizwirkung für einen entsprechenden Willen der Parteien. Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber Abzüge für eigene Auslagen und Aufwendungen gemacht hat.

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